Willibald kam im Jahr 1959 im Metnitztal in Kärnten mit dem Downsyndrom auf die Welt. Sein Vater war Bauarbeiter mit Alkoholproblemen, seine Mutter Reinigungsfrau in einer Brauerei, sie lebten auf 35 Quadratmeter. Mit etwa sechs Jahren wurde er der damaligen Tradition entsprechend in die Langzeitpflege der Psychiatrie in Klagenfurt überstellt, wo er seine ganze Kindheit verbrachte.
Eine Untersuchung zu Beginn ergab eine völlige Unterbegabung, sodass er keine Schule besuchen konnte. 1973 wurde er nach unterschiedlichen Aufenthaltsorten in der Evangelischen Stiftung de La Tour aufgenommen. Erste Versuche eine Förderung blieben ohne Erfolg. 1978 nahm Willibald an einem öffentlichen Malwettbewerb teil, der von der Stiftung de La Tour ausgeschrieben wurde und errang auf Anhieb den ersten Preis. Im Jahr 1980 wurde er freigestellt für künstlerisches Schaffen, fachlich begleitet von Prof. Dr. Max Kläger von der UNI Heidelberg. 1983 wurden seine Werke als Einzelausstellung in der Galerie Wardaschko gezeigt, es folgten zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. 1990 fanden sich auch andere künstlerisch begabte Männer und Frauen mit besonderen Bedürfnissen zusammen und es entstand die Kunstwerkstatt de La Tour in Treffen.
1992 wurde von Prof. Kläger das Buch „Krampus: Die Bilderwelt des Willibald Lassenberger“ herausgegeben. 1998 erhielt Willibald Lassenberg das Ehrenzeichen des Landes Kärnten. Die Kunstwerkstatt, die sich aus dem künstlerischen Schaffen von Willibald Lassenberger entwickelte, erhielt 2006 den Förderpreis des Bundeskanzleramtes in Österreich für Kunst- und Kulturprojekte zur Integration von Menschen mit Behinderung in Anerkennung der vorbildlichen kulturellen Leistung für das Atelier de La Tour in Treffen. Das diakonische Werk der Stiftung de La Tour hat in den Jahren 1985 – 2000 die Werke von Willibald Lassenberger und den späteren anderen Künstlern in ihre Öffentlichkeitsarbeit einbezogen. Damit hat Willibald Lassenberger einen wichtigen Beitrag geleistet zur Bekanntheit der fachlich unterschiedlichen Bereiche dieses Sozialwerkes.
Auch geistig beeinträchtigte Menschen, die heute vor der Geburt zum Schwangerschaftsabbruch freigegeben werden, tragen Gaben in sich. Es können sogar bedeutende Gaben sein. Bei einem Schwangerschaftsabbruch werden mögliche Entwicklungen nicht mehr zugelassen. Auch körperlich oder geistig beeinträchtigte Menschen sind Gottes Geschöpfe und sollten als solche geachtet werden.
Prof. Roland Ratz
Von 1980 bis 2000 Rektor der Evangelischen Stiftung de La Tour in Treffen, Kärnten
Bildnachweis: Willibald Lassenberger „Vogelbaum im Sturm“